SOEP-CoV Spotlight #6
Während der Corona-Pandemie halten mehr Menschen als zuvor ihre Mitmenschen für vertrauenswürdig, fair und hilfsbereit – Ost- und Westdeutsche unterscheiden sich dabei aber
Stefan Liebig (SOEP/DIW Berlin)
Viele wollten trotz Pandemie nicht auf ihre gebuchte Fernreise verzichten, andere machten falsche Angaben um staatliche Hilfen zu erhalten. Gleichzeitig haben viele Menschen für andere eingekauft oder die lokale Gastronomie durch Spenden unterstützt. Sind wir während der Pandemie zu einer egoistischeren oder eher einer hilfsbereiten und fairen Gesellschaft geworden?
Eine Auswertung der SOEP-CoV-Studie zeigt: Bereits im Frühjahr 2020 war ein im Vergleich zu 2018 deutlich größerer Anteil der Bevölkerung der Meinung, dass die meisten Leute in unserer Gesellschaft vertrauenswürdig sind. 2018 waren das 70% der Westdeutschen und 65% der Ostdeutschen, 2020 waren es 76% der Westdeutschen bzw. 71% der Ostdeutschen. Die Erfahrungen während der Pandemie haben dann offenbar dazu geführt, dass dieses Vertrauen bis zum Januar 2021 noch weiter anstieg: Jetzt waren es rund 81% der Westdeutschen und 76% der Ostdeutschen, die ihren Mitmenschen vertrauten. Eine ähnliche, positive Entwicklung zeigt sich mit Blick auf die Einschätzung , inwieweit die Mitmenschen „fair“ und „hilfsbereit“ sind. In beiden Fällen geht zwischen 2018 und 2020 der Anteil der Befragten zurück, die glauben, die meisten Leute würden sie ausnützen, wenn sie die Möglichkeit haben oder nur ihre eigenen Interessen verfolgen. Diese positive Einschätzung der Mitmenschen zeigt sich auch noch im Januar 2021. Insgesamt scheint also die gemeinsame Erfahrung mit der Pandemie zu einem größeren zwischenmenschlichen Vertrauen und einer positiveren Sicht auf die Mitmenschen geführt zu haben.
Abbildung: Einschätzung der Eigenschaften der Mitmenschen während der Pandemie
Datengrundlage SOEP-CoV
Die Analysen basieren auf Daten der SOEP-CoV-Erhebung. Darin wurden Haushalte der regulären Befragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) in neun Stichproben (Tranchen) aufgeteilt, um während des Covid-19-bedingten ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 und der Zeit danach spezifische Informationen zur Lebens-situation von privaten Haushalten und Personen in Deutschland telefonisch zu erheben. Die Tranchen sind so aufgebaut, dass sie alle Privathaushalte in Deutschland hinsichtlich ihrer Zusammensetzung repräsentativ abbilden. Im Januar 2021 wurden die Teilnehmenden aus dem Frühjahr 2020 noch einmal telefonisch befragt.